20März
2019

Ein Tag in Jodhpur

Wir nächtigen ja das erste Mal in einem richtigen Stadthotel, d. h. dass wir auch den Trubel der Stadt voll mitbekommen. Unser Zimmer geht auf eine mehrspurige Straße, auf der immer enorm viel los ist. In der Früh ist es ein bisschen ruhiger und da sehen wir etwas Neues: vis-a-vis kehrt eine Frau zusammen, Straße und "Gehsteig". Direkt vor den Geschäften kommt das auch sonst vor, aber so haben wir das noch nie gesehen. Wir sind auch neugierig, was mit diesem großen Haufen nun passiert. Und tatsächlich kommt ein Traktor mit Anhänger und lädt den Mist auf.

Unser Zimmer bietet aber auch, da es im vierten Stock liegt und es kaum andere so hohe Gebäude gibt, einen Blick auf die Festung und Teile der sie umgebenden 17 km langen Mauer.

Diese Festung ist auch das erste Ziel heute. Sie liegt auf einem 120 Meter hohen Hügel, tolle Lage in dem ansonsten sehr flachen Land. Hier haben die Maharadjas gelebt, bevor sie vor ca. 100 Jahren in den neuen Palast gezogen sind. Wie schon in Bikaner ist die Anlage eine Mischung aus Festung und Palast.

 

Zuerst geht es in steilen Kurven über einen mit großen Steinen gepflasterten Weg durch die Befestigung. Oben ist dann der Palast, der aus dem hier in der Umgebung gewonnenen roten Sandstein gebaut ist. Was bei der Fassade auf den ersten Blick wie Schnitzereien aussieht, ist kunstvoll gemeißelter Sandstein.

 

Wir besichtigen die Anlage, bekommen eine Vorführung der Turbanwickeltechnik - so ähnlich wie wenn ich meinen Knödel drehe :-), nur wird hier eine 9 Meter lange Stoffbahn verwendet (die Palastwächter tragen übrigens alle Turban) -, es wird uns (meditative) indische Musik auf traditionellen Instrumenten vorgespielt und alles erscheint wie aus 1001 Nacht.

Wir blicken auch hinunter auf die Stadt, aufgrund der Altstadt wird Jodhpur auch blaue Stadt genannt. Jetzt verstehen wir warum.

 

Neben den allgegenwärtigen Tauben umfliegen auch Schwalben den Palast und immer wieder sieht man Milane. Aber die meiste Aufmerksamkeit ziehen die putzigen Streifenhörnchen auf sich, die sehr geschickt sind und Wände senkrecht rauf- und runterklettern können.



Unser nächster Stopp gilt einem Geschäft, das sowohl traditionelle indische Stoffe herstellt, aber auch für internationale Labels produziert: Hermes, Kenzo, Etro, etc. Und das aus tollen Materialien: Kaschmir, Pashmina, Vikunja, Seide, etc. Der Typ, der uns in die Geheimnisse der Produkte einführt, ist ein wahres Verkaufsgenie, aber Elisabeth und ich bleiben standhaft. Dafür kauft der Rest der Gruppe brav ein. Es sind wirklich tolle, qualitativ hochwertigste Stücke, aber man sollte sie zuhause dann auch tragen bzw. verwenden.

Nach dem Mittagessen fahren wir dann zur Verbrennungsstätte der Maharadjas. Das Gebäude dort ist ein kleines Taj Mahal.

 

 

Danach geht's dann zu Fuß von der Festung hinunter in die Altstadt. Zuerst ist es noch direkt beschaulich ruhig, aber es wird immer belebter und lauter. Wir kommen zum Sardar Markt und gehen dann eine Einkaufsstraße entlang.

Als Deeps Tuk-Tuks aufhält, die uns ins Hotel zurückbringen sollen, klinken Elisabeth und ich uns aus. Was sollten wir jetzt 2 1/2 Stunden im Hotel machen? Wir gehen zurück in den ruhigeren Altstadtteil, wo wir in einem Guest House auf der Dachterrasse einen Kaffee trinken. Wir haben einen schönen Blick von hier sowohl auf die Festung als auch auf den Uhrturm des Marktes, auf die Gedenk/Verbrennungsstätte der Maharadjas und auf den neuen Palast. Und es ist wunderbar ruhig hier heroben. Ich wohne ja selbst in einer Großstadt, aber das Großstadtleben hier ist um so viel stressiger - zumindest für Leute, die es nicht gewohnt sind. Der Trubel, der Lärm, der Verkehr, ständig muss man darauf achten, wohin man tritt, ständig wird man von diversen Fahrzeugen "bedroht".

Nach der Kaffeepause schlendern wir noch ein bisschen herum, kaufen was ein und heuern uns schließlich ein Tuk-Tuk, das uns zum Hotel zurückbringt. Heute hat das Holifest ja bereits begonnen, man sieht immer wieder farbverschmierte Leute, überall werden verschiedene Holiuntensilien verkauft und man wünscht sich Happy Holi. Na, wir sind auf morgen schon sehr gespannt.

Zum Thema Essen: Es stimmt, dass die Hindus eigentlich Vegetarier sind, aber es gibt auch genug Hindus, die Fleisch essen. In den Restaurants stehen auf den Karten immer zahlreiche Fleischgerichte, auch wenn das Gros der Gerichte vegetarisch ist. Abends hatten wir bisher immer Buffet. Da gab's immer ein Fleischgericht mit Huhn. Ansonsten immer Brot, Reis, diverse Gemüsegerichte - z. B. Daals aus Linsen, Kichererbsengerichte, etc. - und zumeist etwas Westliches wie Nudeln. Ich ernähre mich hier eigentlich rein vegetarisch und mir schmeckt's.

Verzierungen auf den Häusern: Was uns Europäer eigenartig vorkommt, ist, dass man hier auf den Häusern sehr oft das von den Nazis als Hakenkreuz missbrauchte Sonnenrad sieht. Dies ist ein traditionelles Symbol hier und steht für Glück, hat also nichts mit rechter Gesinnung zu tun.